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13. Juli 2021

OVG Bremen: Kein Widerruf der Berufserlaubnis nach Aktenlage

Die gesundheitliche Ungeeignetheit eines Arztes lässt sich nach einer Entscheidung des Oberverwaltungsgericht Bremen, Beschluss vom 8.1.2021 – 2 PA 270/20 in der Regel nur anhand eines amts- oder fachärztlichen Gutachtens feststellen.

Die Ärztin besaß zunächst eine Erlaubnis zur vorübergehenden Ausübung des ärztlichen Berufs für einen Zeitraum von zwei Jahren, die kurz vor ihrem Ablauf um weitere sechs Monate verlängert wurde. Anfang Januar 2020 widerrief die beklagte Behörde die Erlaubnis. Grund für den Widerruf war, dass die Behörde annahm, die Ärztin sei gesundheitlich ungeeignet, die ärztliche Tätigkeit auszuüben. Diese Annahme stützte sie auf ein kurzes fachärztliches Attest, dass die Ärztin der Ärztekammer vorgelegt hatte, um ihre Abwesenheit bei einer Kenntnisstandprüfung zu entschuldigen. Aus dem Attest ergab sich, dass die Ärztin am Tag der Prüfung wegen einer schweren rezidivierenden Depression und des Verdachts auf eine posttraumatische Belastungsstörung nicht prüfungsfähig war und dass sie sich wegen dieser Erkrankungen in stationärer Behandlung befunden hatte.

Nach der Entscheidung des OVG reicht zur Feststellung der Ungeeignetheit der Ärztin zur Berufsausübung im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BÄO die Aktenlage nicht aus. Die vom Gericht durchaus angenommenen Zweifel hinsichtlich der Eignung der Ärztin hätten vielmehr einer weiteren Sachverhaltsaufklärung durch die Behörde bedurft, insbesondere wären weitere (amts-)ärztliche Untersuchungen notwendig gewesen, um die Prognose, die bei der Ärztin vorliegende Gesundheits­störung sei nicht nur vorübergehend, unter Umständen rechtfertigen zu können. Angaben zur Dauerhaftigkeit der Erkrankung waren in dem vorgelegten Attest nicht enthalten. Zudem war die Ärztin zum Zeitpunkt des Widerrufserlasses krankgeschrieben. Damit hätte die Behörde Zeit gehabt, den Sachverhalt hinsichtlich der bestehenden Eignungszweifel endgültig aufzuklären, ohne dass eine für den Widerruf erforderliche konkrete, nicht anders abwendbare Patientengefährdung vorlag.

Eine behebbare Erkrankung lässt die Eignung zur Ausübung der ärztlichen Tätigkeit somit grundsätzlich nicht entfallen. Vielmehr ist eine gewisse Dauerhaftigkeit der Erkrankung erforderlich, um eine gesundheitliche Ungeeignetheit im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BÄO annehmen zu können. Bei nur vorübergehender gesundheitlicher Unfähigkeit ist ein Ruhen der Erlaubnis denkbar, sofern der Arzt oder die Ärztin die Berufsausübung nicht schon von sich aus einstellt.

RA Christian Heß
Fachanwalt für Medizinrecht

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